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Voller Tank für 16 Euro

Seat macht Ernst mit dem Gasgeben: Vier Modelle mit einem Antrieb für luftförmigen Kraftstoff hat der Hersteller im Angebot, jetzt beteiligt er sich an einem Forschungsprojekt, das Biomethan direkt aus Abfällen gewinnen soll. Wie sich das einzige Kompakt-SUV mit Erdgas-Antrieb, der Arona, in der Praxis schlägt, sagt unser Fahrbericht.

Im Volkswagen-Konzern läuft die Marketingmaschinerie zur Elektrifizierung auf Hochtouren. Doch in Martorell in der Nähe von Barcelona setzt man weiter auf eine andere alternative Antriebsform: den Erdgas-Motor. Das Modell Arona ist in seinem Segment derzeit weltweit das einzige, das mit diesem Kraftstoff angetrieben werden kann. Und mit Benzin, denn bekanntlich ist das Netz der Tankstellen noch nicht so ausgebaut, wie es sich Kunden wünschen würden.

Unter der Haube läuft der Ein-Liter-Dreizylinder, der auch in anderen Konzernmodellen zum Einsatz kommt. Für den Arona ist er auf Erdgas-Verbrennung optimiert und leistet 90 PS (66 kW). Am Heck trägt er das Kürzel „TGI“, das für „Turbo Gas Injection“ steht. Die Zusatzkosten gegenüber der vergleichbaren TSI-Version betragen moderate 1000 Euro. Der Rein-Benziner hat zwar fünf Pferdestärken mehr, dafür aber nur ein Fünf-Gang-Getriebe. Der TGI benutzt eine Sechs-Gang-Handschaltung.
Die Ernsthaftigkeit, mit der Seat weiter auf Erdgas setzt, ist nicht nur daran zu erkennen, dass es sich dem von der EU finanzierten und auf vier Jahre angelegten Projekt der Gewinnung von Deponiegas aus Abfällen anschließt. Die spanische Marke vertraut darauf, dass sich wegen der Umwelt- und Kostenvorteile eine steigende Zahl von Kunden für die Variante entscheiden wird. Mehrere Millionen investiert sie in den Ausbau der Produktion von Erdgasfahrzeugen. Der Output im Werk Martorell soll von 95 auf 250 Einheiten täglich hochgefahren werden.

Da der Arona auf der Plattform des Ibiza basiert, taugt er nicht zum Raumwunder. Vor allem, wenn es sich die vorderen Insassen richtig bequem machen, müssen die hinten Sitzenden mit Einschränkungen in der Beinfreiheit rechnen. Während vorn zwischen den Türverkleidungen 1,40 Meter Platz ist, sind es hinten noch 1,36 Meter. Die 1,55 Meter hohe Karosserie lässt allen Passagieren genug Kopffreiheit. Die Ladeöffnung hinter der Heckklappe ist 1,08 Meter breit.

Bei einem nur 4,14 Meter langen Auto, das für konventionellen Benzinbetrieb konzipiert und gebaut wurde, nachträglich eine Erdgasanlage unterzubringen, stellt eine gewisse Herausforderung dar. Die Druckbehälter für den Vorrat von 13,8 Kilogramm Erdgas befinden sich an der Hinterachse, was eine Anhebung des Laderaumbodens zur Folge hatte. Statt 400 Litern Kofferraum stehen im TGI nur 282 Liter zur Verfügung, bei umgelegten Rücksitzlehnen sind es 1162 Liter. Die Lehne ist teilbar, so dass bis etwa 1,70 Meter lange Gegenstände und drei Passagiere Platz finden können. Der Benzintank als eiserne Reserve hat ein Volumen von neun Litern. Die Anzeigen für Gas- und Benzintank sind getrennt, eine grüne Kontrolllampe signalisiert Erdgasbetrieb.

Dank normierter Anschlüsse ist das Betanken genauso einfach wie mit Benzin. Ventil aufstecken und verriegeln, mit einer Taste an der Säule wird die Druckbefüllung gestartet. Bei den gegenwärtigen Preisen zwischen 1,10 Euro und 1,20 Euro je Kilogramm ist ein voller Tank für 16 Euro zu haben. So etwas an der Benzinsäule zu erleben, daran können sich nur noch betagte Autofahrer erinnern. Die Reichweitenanzeige des Testwagens meldete daraufhin 380 Kilometer. Da können Dieselfahrer nur milde lächeln. Und das ist ein Problem des ansonsten gefälligen und praktischen Aronas: Wegen der beschränkten Platzverhältnisse würde ein größerer Gastank noch mehr Kofferraumverlust bedeuten, und so muss man Kompromisse bei der Reichweite machen.

Ein anderes Problem ist der Verbrauch. Um mit 90 PS und 160 Newtonmetern Drehmoment ein halbwegs zügiges Fahrerlebnis zu erzeugen, kommt man schnell in höhere Drehzahlen. Wie sein Benzin-Pendant ist der Dreizylinder zwar auf 5500 Touren ausgelegt, doch schon ab 3000 Umdrehungen in der Minute muss man mit unschönen Effekten auf den Kraftstoffkonsum rechnen. Wer auf der Autobahn eine Zeitlang Richtgeschwindigkeit fährt, wird feststellen müssen, dass der Verbrauch tendenziell in die Höhe geht, auch wenn man von einem Niveau von zum Beispiel 4 Kilogramm je 100 Kilometer gestartet ist. Der Testzyklus dieses Aronas wurde mit einem Durchschnittsverbrauch von 4,6 kg/100 km absolviert, was 0,5 kg über dem Katalogwert lag. Umgerechnet auf Euro je Kilometer bedeutet das Kosten von etwa 5,3 Cent pro Kilometer.

Da Seat auch einen 1,5-Liter-Vierzylinder für CNG (Compressed Natural Gas) anbietet, muss die Frage erlaubt sein, ob dies nicht der bessere Antrieb für den Arona wäre. Ein Leon-Testwagen mit diesem Aggregat kann in der Praxis 4,1 kg/100 km erreichen – hauptsächlich dank der durchschnittlich niedrigeren Drehzahlen. Dass der kernig klingende Dreizylinder wegen seiner rustikalen Akustik vielleicht besser zu einem Kompakt-SUV passen mag, sei davon unbenommen. Statt der werksseitig angegebenen Höchstgeschwindigkeit von 172 km/h schaffte der Testwagen übrigens GPS-gemessene 177 km/h.

Steigende Nachfrage kann man allen Herstellern von CNG-Personenwagen nur wünschen, denn dann wird auch die Zahl der Tankstellen steigen. An einem Aussterben des Verbrenners kann niemandem gelegen sein, schon jetzt plagen viele Zulieferer düstere Zukunftsaussichten. Der Seat Arona mit Erdgasmotor hat auf der Kurz- und Mittelstrecke unbestreitbare Emissions- und Kostenvorteile, zieht aber den Kürzeren gegenüber größervolumigen Erdgasmotoren, wenn es über lange Distanzen geht. (ampnet/afb)

Daten Seat Arona 1.0 TGI

Länge: 4,14 Meter
Breite: 1,78 Meter
Höhe: 1,55 Meter
Radstand (m): 2,57
Motor: R3-Benziner, 999 ccm, Turbo, Direkteinspritzung
Leistung: 66 kW / 90 PS bei 4500–5500 U/min
Max. Drehmoment: 160 Nm bei 1800–3800 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 172 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 13,2 Sek.
Tankvolumen CNG: 13,8 Kg
Tankvolumen Benzin: 9 L
WLTP-Durchschnittsverbrauch: 4,1 Kg
Testverbrauch: 4,6 Kg
Effizienzklasse: A
CO2-Emissionen: 109 g/km (Euro 6)
Leergewicht / Zuladung: min. 1308 kg / 402 kg
Kofferraumvolumen: 280–1162 Liter
Wendekreis: 10,6 m
Grundpreis: 22 320 Euro
Testwagenpreis: 27 674 Euro

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