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Glücksgefühle inklusive

Das waren noch Zeiten, als das „America first“ nicht vom Orange-Man mit erhobenem Zeigefinger und als Mantra heruntergeleiert wurde. Die Amerikaner waren wirklich first, nämlich auf dem Mond vor den Russen und außerdem im Ziel der 24 Stunden von Le Mans – vor den siegesverwöhnten Ferrari. Möglich hatte dies ein Rennwagen mit Straßenzulassung von einem familiengeführten Automobil-Unternehmen gemacht, das zu den „Big Three“ im Auto-Mekka Detroit zählte. Mit dem Ford GT 40 zeigten die Entwickler im Norden der Vereinigten Staaten, dass sie nicht nur sänftengleiche Straßenkreuzer, beliebige Kompaktautos oder Pick-Ups bauen konnten.

Es dauerte eine Weile bis auf die erste Generation des Boliden von 1966 eine zweite Auflage folgte. 2004 debütierte das Remake, wenngleich ohne an den 66er Erfolg in Le Mans anknüpfen zu können. Vor zwei Jahren startete die Produktion der dritten Generation. Der Ford GT wird seitdem in homöopathischer Stückzahl beim Ford-Partner Multimatic im kanadischen Markham gebaut. Ein Exemplar zu kaufen? Das ist nicht so einfach. Auch wenn die ursprünglich auf 1000 Einheiten limitierte Serie jetzt noch einen Zuschlag von zusätzlichen 350 zusätzlichen GT erhält, wird der Supersportler eher verteilt als verkauft. Kunden können sich ab dem 8. Dezember wieder bewerben, sollten allerdings bereits einen Ford fahren und sich verpflichten, die eilige Karbon-Flunder nicht in einer Sammlung wegzuschließen, sondern als Markenbotschafter ausführen. Und dann ist da noch der Kaufpreis von schlappen 550 000 Euro, der die Zahl der Bewerber eher klein hält.

Knallgelber Donnerkeil

Der Donnerkeil, vorzugsweise in knalligem Gelb lackiert, ist 4,78 Meter lang, aber 2,24 Meter breit, misst man die Außenspiegel mit. 2,71 Meter Radstand lassen Raum für Überhänge vorn und hinten, das schiebt optisch an und lässt die schlanke Fahrerkabine geradezu in der Karosserie verschwinden. Maulgroß öffnen sich Lufteinlässe allenthalben und weisen darauf hin, dass hier jemand gut durchatmen will und es unter dem Kunststoff heiß her geht. Nur 3,5 Liter Hubraum hat der V6-Ecoboost-Motor, zwei Turbolader hauchen ihm den beflügelnden Ansporn ein, die Maschine bringt es auf 647 SAE-PS, das sind nach europäischer DIN-Norm immer noch 600 PS (441 kW). 745 Newtonmeter Drehmoment liefert das Triebwerk, nach Norm verbraucht es im Schnitt 14,9 Liter auf 100 Kilometer, was einer CO2-Emission von 350 g/km entspricht. Wer den GT von der Leine lässt, kommt mit diesen Konsumwerten nicht aus. In weniger als 3 Sekunden marschiert der Straßensportler von 0 auf 100 km/h, 347 km/h liegen bei Höchstgeschwindigkeit an.

Vor diesen Fahrerlebnissen steht jedoch der Weg ins knapp geschnittene Innere. Es gilt dabei, sich unter den Flügeltüren hindurch über die reifenbreiten Schweller zu winden und die Beine in den dunklen Tunnel unter dem Lenkrad zu fädeln. Dann aber sitzt es sich auf den ausgeformten und nur frugal gepolsterten Lederschalen ganz angenehm. Überblick? Fehlanzeige. Es herrscht Ungewissheit darüber, wo das teure Stück anfängt und endet. Und trotz der Breite, die das ihre zu überaus vorsichtigem Rangieren und eher unterlassenen Überholvorgängen auf schmalen Landstraßen beiträgt, sitzen sich Pilot und Beifahrer eng auf der Pelle. Gepäck bleibt besser daheim, das kleine Fach am Wagenheck wirkt fast wie ein Versehen und ist mit 11,3 Liter Volumen kleiner als manch ein Handschuhfach.

Ungewöhnliche Bedienung

Die Bedienung ist ungewöhnlich: das fast viereckige Lenkrad wie im Formel-1-Renner mit Bedienelementen überfrachtet, Lenkstockhebel gibt es keine, der Blinker wird wie alle anderen wesentlichen Funktionen über Tasten am Volant kontrolliert. Weniger Verwirrung erzeugt das siebenstufige Doppelkupplungsgetriebe von Getrag. Das wird nicht anders bedient als etwa in einem Toyota Prius, nur die Schaltpaddles am Lenkrad weisen darauf hin, dass es hier um einige Nuancen schärfer zugeht.

Der Motor springt an, klar, per Startknopf in Schwung gebracht, doch äußert er sich mehr als verhalten. Von einem Supersportler erwarten wir einen anderen Tonfall. Es fehlt das böse Grollen von acht oder gar mehr Zylindern, die Turbos fallen dafür durch ein singendes Geräusch auf, wie wir es von Muttis Staubsauger her kennen. Aber sie machen dem GT Beine. Wer beherzt aufs Gaspedal tappt, erlebt den Rausch der Beschleunigung, wird wie im Videospiel Richtung Horizont geschleudert. Nachhaltig drücken die Kräfte den Körper in den Schalensitz, ein Schaltblitz weist den Piloten daraufhin, wann der Gänge wechseln sollte, sofern er dies nicht der Automatik überlassen will.

Die Leistungsentfaltung ist vehement und konstant, sofern die Maschine auf Drehzahl gehalten wird. Denn das Turboloch ist anderenfalls stets präsent, auch der Trick, die Laderturbinen immer mit Luft in Schwung zu halten, hilft nicht. Dafür kommt der GT unabhängig von der Drehzahl auf Rekordstrecke zum Stehen. Die Karbonbremsen verzögern harmonisch, aber unerbittlich, aus 100 km/h kommt der Ford-Sportler nach nur 27,7 Meter in den Stand. Nicht minder beeindruckt die Lenkung, die nicht elektrisch, sondern rein hydraulisch unterstützt wird. Sie meldet Unregelmäßigkeiten bei der Traktion unverzüglich wie die Grenzöffnung der DDR, ein Ausreißen der Hinterachse kann so dennoch und trotz Mittelmotor im Ansatz verhindert werden.

Für artgerechte Fortbewegung bietet der GT fünf Fahrmodi, „Sport“ und „Track“ treffen den Kern der Sache am besten. „Sport“ erlaubt sanftes Übersteuern, „Track“ senkt die Karosserie um 50 Millimeter ab und macht die Federung hart. Hydraulisch werden die Schraubenfedern stillgelegt, ein Torsionsstab springt für sie ein und senkt den Komfort erheblich, unterbindet Karosseriebewegungen aber fast vollständig, rennstreckengerecht eben. Vorne öffnen sich dabei zwei Flaps, der Heckspoiler wechselt die Stellung und erhöht ebenfalls den Anpressdruck. Auf schlechten Fahrbahnen hilft eine Komfortstufe der Stoßdämpfer, die Bodenhaftung sicherzustellen.

Der GT ist nicht der Rekordhalter bei der Motorleistung, viel mehr Kraft ist aus der Maschine, die übrigens in zivilerer Konfiguration auch in den F 150 Pick-ups der Marke werkelt, nicht zu holen. Seine Fahreigenschaften gleichen denen eines reinrassigen Rennwagens, im Grunde ist er einer. Vor allem die Sanftmut der Abstimmung nimmt seinen Piloten schnell für ihn ein, was am Ende des Tages ein durchweg versöhnlich stimmendes Glückgefühl erzeugt, das von Längs- und Querbeschleunigungen im beherrschbaren Grenzbereich herrührt. Ob das mit der Kunden-Verpflichtung funktioniert und der GT wirklich auf den Straßen zu sehen sein wird, sei dahingestellt. Zumindest sind von den ersten bis jetzt verkauften Exemplaren bereits einige im Internet mit dem Vermerk „zu verkaufen“ aufgetaucht. Zu Preisen von bis zu 1,5 Millionen Euro. Spekulanten tragen ihre Absichten eben nicht auf einem Banner vor sich her. (ampnet/mk)

Daten Ford GT

Länge x Breite x Höhe (m): 4,78 x 2,24 x 1,11
Radstand (m): 2,71
Motor: V6-Benziner, 3497 ccm, Turbo, Direkteinspritzung
Leistung: 441 kW / 600 PS bei 6500 U/min
Max. Drehmoment: 745 Nm bei 5900 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 347 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 2,9 Sek.
WLTP-Durchschnittsverbrauch: 14,9 Liter
Effizienzklasse: F
CO2-Emissionen: 350 g/km (Euro 6d-Temp)
Leergewicht / Zuladung: min. 1520 kg / max. 200 kg
Kofferraumvolumen: 11,3 Liter
Wendekreis: 12,2 m
Bodenfreiheit: 120 - 70 mm
Bereifung (v/h): 245/35 R 20; 325/30 R 20
Luftwiderstandsbeiwert: 0,27
Garantie: 2 Jahre
Basispreis: 550 000 Euro

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